Nanny ter Wiel zur Installation der Lahnung-pfähle des Wattenmeers
Von den Niederlanden bis nach Dänemark erstreckt sich ein ganz besonderes Gebiet und einzigartiges Biotop, in dem zweimal am Tag im Verlauf der Ebbe das Meer seinen Boden bis zu 20 km Breite trocken fallen läßt. Dieser Küstenraum wird seit Jahrtausenden von Menschen bewohnt. Seit Beginn des Deichbaus hat der Mensch immer stärker dazu beigetragen, der Landschaft ihr heutiges Gesicht zu geben. Deiche, Buhnen und Lahnungen – meist doppelte Holzpflockreihen, die mit dazwischen geflochtenem Reisig im Uferbereich in das Meer gebaut wurden – schützen die Menschen vor Überflutungen und Sturmfluten. Durch raumgreifende Bauwerke des Küstenschutzes sind aber auch viele grosse Salzwiesen und Wattflächen verloren gegangen.
Die Niederlande haben seit etwa 1000 Jahren Land “eingepoldert”, nicht nur, um es vor Überschwemmungen zu schützen, sondern auch um den Lebensraum zu vergrößern und um auf den neu gewonnenen Flächen Ackerbau betreiben zu können. Das Wattenmeer ist ein ganz besonderer Lebensraum. Es gibt viele Pflanzen- und Tierarten die nur im Wattenmeer leben und sich an die speziellen Bedingungen dort angepasst haben. Tausende gefiederte Gäste sind im Verlauf eines Jahres am und im Watt zu sehen. Durch menschliches Eingreifen in die Natur zur Landgewinnung war aber auch Lebensraum für manche Tiere verloren gegangen. Zum Glück haben heute diese “Einpolderungen” aufgehört und das Wattenmeer ist zum UNESCO-Weltnaturerbe geworden. Wir sollten dieses großartige Erbe für nachfolgende Generationen bewahren.
Es gibt immer noch Lahnungen im Wattenmeer, um hohe Wellen bei stürmischem Wetter zu brechen, aber viele sind nicht mehr intakt und werden nicht mehr gepflegt. Einige alte Pfähle brechen aufgrund der Witterungseinflüsse ab und werden an den Deichen angespült. Ich sehe diese verbliebenen Lahnungen ohne Reisig nicht nur als attraktives künstlerisches Motiv, sondern male sie auch wegen ihrer Symbolkraft für die Zukunft:Ein Wattenmeer, das offen bleibt, bei dem der Blick durch die Pfähle in die weite Ferne des Meeres bis zum Horizont geleitet wird. Ein Wattenmeer, das die Grenzen zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark verwischt. Ein aus unserer Perspektive endloses Meer, nur für Tiere, die dort leben, brüten und ihre Nahrung finden.